Ein nicht ganz einfacher Neuzugang - Teil 1

Erfahrungsbericht von Marianne Kunz-Jäger (bekannte Buchautorin)

Geduld! Aller Anfang ist schwer!

Die etwas sechsjährige Katze aus dem ATS ist auf dem Weg zu uns, in ihr neues Zuhause, Dank Baldrian beginnt sie ihre Fahrt ganz ruhig!
Aber dann müssen wir durch die schreckliche Rumpelbaustelle in Baden! Laut und extrem holprig ist sie, – und dann rattert oben auch noch der Zug vorbei – das bringt sie nun doch zu einem zarten Miau. Aber da mischt sich noch ein anderes Geräusch in ihren Gesang: Sie muss sich übergeben, die Arme! Und wenn schon alles so schwierig ist, kommt auch noch gleich der Kot! Da sitzt sie nun in der Enge des Transportkorbs in ihrem eigenen Dreck und Gestank. Wir auch. Nur nicht in unserem.

Endlich angekommen, zögert sie nicht, aus dem vielen Schmutz auszusteigen. Sie riecht fürchterlich, ist aber wie durch ein Wunder selber nicht verschmutzt. Nach einer Erkundungsrunde verkriecht sie sich in die hinterste Ecke und ist nicht mehr bereit, hervorzukommen. Das dargebotene Pouletstückchen beachtet sie nicht. Sie faucht mich an, als ich mich ihr nähere.
Geduld, Geduld!

Ein erster Morgen

Diese Überraschung ist ihr gelungen: Sie hat in der Nacht alle ihre Schalen fein säuberlich leer gefressen! Ein auf dem Boden liegendes Tischset zeigt mir, dass sie in der Nacht Veranda und Esszimmer durchgecheckt hat. Sie liegt geschützt in einer Ecke und beobachtet von dort aus jede meiner Bewegungen. Ich reibe mir einen Tropfen Baldrian in die Hände und einen weiteren an meine Hosenbeine und setze mich in ihre Nähe. Vorsichtig strecke ich meine Hand aus, um sie am Kopf zu kraulen. Ja! Sie steht sogar auf und streicht mir um die ‚Baldrian‘-Beine. Was für ein wunderbares Gefühl, diese Katze am Bein! –
Danach liegt sie wieder in der Ecke – aber nicht etwa dort, wo wir alles so wunderbar ‚für die Katz‘ eingerichtet haben, sondern selbstverständlich dort, wo Katz es will!

Können Katzen durch Schlüssellöcher?

Sonntagmorgen: Ich flätze mich mit einem Buch auf‘s Sofa. Joya liegt sowieso seit Stunden in der gleichen Ecke und ist nicht bereit, ihren Platz aufzugeben –
Als ich nach einer halben Stunde aufstehe, ist Joyas Platz leer.

WO BIST DU KATZE! Auf Samtfüssen schleiche ich los. Mit den Augen suche ich das Esszimmer und die Veranda ab. Ich stelle fest: Sie hat gefressen. Der Kratzbaum scheint aber weiterhin unberührt zu sein.
Ich bewege mich leise von Raum zu Raum. Nichts. Keine Bewegung, kein Davonhuschen, kein Geräusch.
Nachdem ich das ganze Haus erfolglos durchkämmt habe, suchen wir zu zweit.
Wir heben jeden Vorhang, erniedrigen uns vor jedem Büchergestell, kriechen in die wenigen geheimen Ecken. Keine Katze!
Nach drei Durchgängen bin ich k.o. und flätze mich wieder aufs Sofa, um weiterzulesen. Aber die rechte Konzentration will sich nicht einstellen. Joya muss doch irgendwo sein! Oder ist sie vielleicht durch ein Schlüsselloch entwichen?
Man weiss ja, Katzen haben magische Fähigkeiten.
Also nochmals!
Ich öffne alle Kastentüren, die nicht ganz geschlossen sind. Ich öffne auch die geschlossenen Kastentüren. Es ist zwar unmöglich, in einen geschlossenen Schrank zu kriechen – oder vielleicht doch? –
Wieder nichts. Welcher Ort wäre denn für eine Katze am attraktivsten: Der Keller natürlich, mit allerlei von dies und das. - Ich schaue hinter jede Schachtel, gucke sogar in die Schuhe, nur, um etwas getan zu haben. Und ich horche. -
Stille! Nein, da ist keine Katze. - Im Raum daneben bewahre ich Bürodinge auf.
Zuunterst im offenen Büroschrank, hinter einer Reihe von Ordnern entdecke ich endlich zwei Ohren. Mehr nicht.
Ich begrüsse Joya überschwänglich. Sie faucht mich an. Das ist Klartext!
Verängstigt ist sie, aber sie wohnt ja erst seit 25 Stunden hier!

mehr von Joya und ihrer Eingewöhnungszeit im nächsten Blog....

Bei den verwendeten Bildern handelt es sich um Beispielbilder.